1991 wurde in Österreich ein diesbezüglich bedeutender Schritt gesetzt. Auf dem Parteitag in Linz wurden die seit 1945 so bezeichneten Sozialisten auf Initiative des damaligen Ex-Bankers, Bundeskanzlers und SPÖ-Vorsitzenden Franz Vranitzky in Sozialdemokraten umbenannt. Dem Kürzel nach blieb die SPÖ zwar die SPÖ, aber die Wandlung die sich hinter dem "S" vollzog war dennoch bedeutsam. Diese Wandlung vollzog sich aber auch in vielen anderen Ländern und fand ihren Höhepunkt in Großbritannien bei New Labour unter Tony Blair (1997-2007) sowie in Deutschland unter Gerhard Schröder (1998-2005). Es wurde versucht einen neuen Weg zwischen Sozialismus und Kapitalismus zu versuchen, ein Ansinnen, das schon Ludwig von Mises im Jahr 1929 als "theoretisch ausichtsslos" bezeichnete. Nun - mehr als 85 Jahre später - wissen wir, dass es auch praktisch aussichtslos ist. Von Mises war als Vetretreter des Libertarismus natürlich alles andere als ein Sozialist, aber er dachte, dass sich nur einer der beiden Wege ausgehen könne. Und recht hatte er, denn die Sozialdemokraten fielen bei dieser Gratwanderung alle Schritt für Schritt auf die rechte Seite, was sich dann darin ausdrückte, dass man ihnen eine Tendenz zur Mitte nachsagte, die - wie ich meine - schon längst in einen neuen Weg in Richtung "rechts der Mitte" umgeschlagen ist. Das geflügte Wort von der Punschkrapferl-Mentalität ("außen rot, innen braun") so mancher ÖsterreicherInnen, unter ihnen auch österreichische Sozialdemokraten, ist eine durchaus beweisbare Tatsache.
Gestern dann wurde ein neuer Bundesgeschäftsführer und mit ihm auch ein neuer Kommunikationschef für die SPÖ bestellt. Beide sind Menschen aus dem engsten Vertrautenkreis des zaghaften Bundeskanzlers Werner Faymann, der durch die Herausforderungen, die eine zeitgemäße sozialistische Bewegung zu bewältigen hat, ins Trudeln gekommen ist und sich und die seinen in Richtung Bedeutungslosigkeit führen wird. Der "g'lernte Österreicher" kauft sich eine sozialistisch aber nationale Politik lieber beim Schmied als beim Schmiedl. Ich habe dem Hietzinger (13. Wiener Gemeindebezirk) Sozialdemokraten und neuen Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid gestern in der ZIB 2 aufmerksam zugehört. Von der ihm zugeschriebenen Eigenschaft, eine äußerst soziale Einstellung zu haben (wie mir auch ein Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle am Montag in einem Telefongespräch über das Grundeinkommen - "da könnte sich was bewegen" - versicherte), blieb da nur das - trotz eigener ablehnender Haltung - Verständnis für die Entscheidung der burgenländischen Landespartei für eine Koaltionen mit den Blauen bei mir hängen. Na bravo! Weiters sprach er vom zukünftig notwendigen Einsatz der SPÖ für die "brav arbeitende Bevölkerung". Na noch mehr bravo! Der Mann weiß nicht, wovon er spricht. Liegt's daran, dass sein Lieblingsplatz laut orf.at das Cafe Dommayer in Hietzing ist? Dort begegnet er wohl kaum dem Prekriat, das ich gerne als neues Proletariat bezeichne. Und er redet damit genauso wie Faymann, Hundstorfer und Co. voll am Thema vorbei.
An dieser Themenverfehlung leiden die Sozialdemokraten schon seit sie sich aus dem Sozialismus auf den dritten Weg gemacht haben und dabei die Orientierung verloren haben. Sie wissen auch heute noch nicht, dass sie einerseits schon weit rechts stehen und andererseits dass ihnen die, die sich in ihrem Gefolge befinden müssten, schon lange abhanden gekommen sind.
Dieser Irrweg wird bald ein Ende haben, die WählerInnen sind gnädig - oder gnadenlos (eine Frage der Sichtweise). Ob die SPÖ dann aber noch eine Lücke hinterlässt, die gefüllt werden kann, ist mehr als fraglich. Möglicherweise braucht es ein blaun-schwarzes (auch hier: kein Verschreiber, sondern wirklich "BLAUN") Zwischenspiel, auf dass sich die tief im Inneren sozialen und humanen Menschen dieses Landes ein Herz nehmen und eine neue sozialistisch-demokratische Bewegung gründen, die ihren Namen verdient, ihm sogar alle Ehre macht.