Der einarmige Bandit ist zurück. (Clemens Neuhold, Wiener Zeitung, 9.5.15)
Wie Clemens Neuhold vor einer knappen Woche in der Wiener Zeitung geschrieben hat, hat sich in so manchem Hinterszimmer eine neue SpielerInnen-Szene entwickelt. Aus dem Automaten ist der Bildschirm eines Computers oder Laptops geworden, aus dem Einwurfschlitz ein Kartenschlitz, aber sonst alles beim Alten.
Wer das Phänomen Sucht betrachtet - und ich habe dies einerseits aus dem Blickwinkel der Suchtprävention für Kinder und Jugendliche (als Pädagoge und aufgrund meiner Kindheitserfahrungen im Elternhaus) und andererseits aufgrund der Reflexion meiner beiden Süchte Arbeit und Schokolade getan - wird bald feststellen, dass dahinter immer eine Suche nach Sinn und Anerkennung sowie eine fehlgeleitete Genuss-Freude steht. Nun konnte man mir - oder ich mir selbst - Arbeit und Schokolode sooft verbieten wie man/ich wollte, es nützte null. Hinzu kam ein schlechtes Gewissen, es (wieder) nicht geschafft zu haben und die daraus resultierende fehlende Anerkennung führt weiter in den Teufelskreis. Auch diverse gesundheitliche Krisen änderten daran nichts, irgendwann ging es ja wieder weiter.
Vielmehr musste ich lernen, mit mir selbst klar zu kommen, vor allem mit meinem Streben nach Arnerkennung und Sinn; und ich musste wieder genießen lernen, sowohl die Schokolade als auch die Arbeit. Es war nicht einfach und des war ohne professionelle Begleitung nicht machbar. Aber es ist, so darf ich sagen, insofern gelungen, als ich die Mechanismen durchschaut habe und rechtzeitig die Notbremse ziehen kann. Beim Alkohol und beim Rauchen war das interessanterweise nie ein Thema, da konnte ich und kann ich immer auch genießen. Und dem Sinn meines Lebens bin ich auf der Spur, das reicht.
Was aber bedeuten meine Erfahrungen für die Gesellschaft?
Das wir eine suchtpräventive Gesellschaft schaffen müssen, die es Menschen vom ersten Tag an ermöglicht, ihrem Sinn zu folgen, die es ihnen möglicht macht, mit Schwierigkeiten umgehen zu lernen, ihre Kreativität und Phantasie zu entfalten und eine gute Beziehung zu sich selbst aufzubauen. Als Vater und Pädagoge bieten sich da jede Menge Möglichkeiten für die mir anvertrauten Kinder.
Von politischer Seite aber wünsche ich mir, dass es ein klares Bekenntnis zu einer suchtfreien Gesellschaft gibt. Das würde aber auch bedeuten, dass die Menschen vom Anfang ihres Lebens an jede Unterstützung bekommen, die sie für die Entwicklung einer gesunden Persönlichkeit brauchen. Das würde aber auch dazu führen, dass sich unsere Demokratie dramatisch verändern würde, weil die Menschen eigenverantwortlich und selbständig sein würden - und sich neue demokratische Entscheidungsfindungsprozesse bilden würden. Vor diesen weitreichenden Folgen schrecken meiner Ansicht nach die PolitikerInnen - und die im Hintergund der Politik höchst aktiven Konzerne - zurück, weil es damit auch ihnen an den Kragen gehen würde.
Verbieten und Strafen aber ist im Zusammenhang mit Sucht aus meiner Sicht immer nur eine zynische Lösung.