In der Mitteilung an die Passagiere wurde dargelegt, dass es sich um ein Zeichen „gegen Gewalt und für mehr Respekt“ handle. Und es wurde an die Solidarität der Kunden appelliert: „Bitte unterstützen sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wiener Linien, wenn sie eine problematische Situation beobachten.“
Man sei, so wurde betont, 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche sowie 365 Tage im Jahr für die Fahrgäste da: „Seien Sie auch für uns da.“ In einer Lautsprecherdurchsage hieß es: „Immer wieder kommt es zu niederträchtigen Attacken auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wiener Linien. Das darf nicht sein.“ In einer Durchsage, die auch in englischer Sprache erfolgte, wurde zudem gebeten, die Sticker mit dem Motto „Wiener Linien gegen Gewalt“ zu tragen. Diese wurden an Info- bzw. Vorverkaufsstellen der Verkehrsbetriebe verteilt.
Quelle: http://wien.orf.at/news/stories/2652343/
Wie "zur Feier des Tages" erlebte ich heute morgen auf der Fahrt mit meinem Sohn zur Kindergruppe im Fünfer folgende Szene: Ein verwahrlost und verwirrt wirkender Mann steigt in dieser alten Straßenbahngarnitur beim Fahrer ein, geht einige Schritte ins Wageninnere um dann prompt kehrt zu machen und auf den Fahrer zuzugehen, dabei eine Hand in die Gesäßtasche seiner Hose führend, als wolle er etwas herausnehmen. Ich hörte bereits alle Alarmglocken schrillen, als der Zugestiegene ebenso prompt wieder kehrt machte und ins Wageninnere ging. Wenig später, die Garnitur war bereits wieder in Fahrt, hob er einen Zettel vom Boden auf, den er dann in den Behälter für den Sand der Sandbremse unter dem ersten Sitz legte. Dann ging er wieder auf den Fahrer zu, Hand zu Gesäßtasche führend, um dann erneut umzukehren. Das ging einige Male so, der Fahrer blieb cool und schenkte dem Mann keine Aufmerksamkeit. Ich brachte meinen Sohn und mich in Sicherheit, in dem ich nach hinten ging und beobachtete die Szenerie weiter, um jedenfalls eingreifen zu können, wenn es zu Übergriffen käme. Einige Stationen später stieg der Mann wieder aus.
Ich erlebte die ganze Hilflosigkeit in dieser Situation, vor allem, wenn du dein eigenes, kleines Kind dabei hast und überlegte, was ich ohne ihn getan hätte.
Was aus meiner Sicht und meiner Erfahrung in diesem Zusammenhang gut gelungen ist, ist die Ruhe des Fahrers gewesen, der den Betroffenen in seinem So-Sein respektiert hat und ihn weder angesprochen noch des Wagens verwiesen hat. Dies hätte meinem Gefühl nach zu einer Eskalation führen können.
Mein Respekt gilt diesem Verhalten. Hier wurde der zweite Teil des Mottos ernst genommen und gelebt. Ein "Gegen Gewalt", dass mit auch geringen, gewaltvollen Mitteln durchgesetzt wird, ist oft nichts anderes als Gegengewalt bzw. die Basis für eine solche. Auch wenn es bei tatsächlichen Übergiffen natürlich auch eine gezielt eingesetzte gewaltvolle Gegenhandlung braucht. Ein komplexes Thema ohne einfachen Antworten.
Dennoch glaube ich, dass Aktionstage grundsätzlich immer unter einem "Für" stehen sollen, denn das "Wogegen" ist meist ohnedies hinlänglich bekannt und manifestiert das Negative ohne die Lösungen im Blickfeld zu bringen