"Arbeit ist für diejenigen, die Arbeitskraft zukaufen oder Arbeitskräfte einstellen, zu teuer. Und obwohl das so ist, bleibt denjenigen, die am Ende der Lohntabelle stehen, zu wenig, um mit einem Vollzeitjob das Auslangen zu finden - ohne weitere Transferleistungen wohlgemerkt. Das ist eine Demütigung, an die wir uns als Gesellschaft schon so sehr gewöhnt haben, dass wir sie nicht einmal mehr als das erkennen, was sie tatsächlich ist: ein unerträglicher Missstand." (Walter Hämmerle, Wiener Zeitung, 2.4.15)
"Bedingungsloses Grundeinkommen reicht meines Erachtens allerdings nicht, weil ich das Recht auf eine menschenwürdige, existenzsichernde Arbeit für mindestens genauso wichtig halte. Dieses Menschenrecht dürfte man meines Erachtens bei der Diskussion ums bedingungslose Grundeinkommen nicht vergessen, sonst kann es sehr schnell dazu missbraucht werden, um Menschen ins Abseits zu stellen. Und um eine Arbeit "menschenwürdig" ausführen zu können, braucht man/frau natürlich auch die entsprechenden Arbeitsmittel und -möglichkeiten, was unter den neoliberalen und kapitalistischen Vorgaben bekanntlich nicht für alle möglich ist. Womit wir wieder bei unserem Thema Gerecht Wirtschaften gelandet sind..."(Marianne Schallhas, Obfrau der ARGE Gerecht Wirtschaften)
Die erste stammt von Walter Hämmerle, der sie in seinem Leitartikel für die heutige Wiener Zeitung aufgeschrieben hat; die zweite von Marianne Schallhas, Obfrau der ARGE Gerecht Wirtschaften, die diese als Kommentar auf meinen letzten Blogeintrag vom 31.3. in der FB-Gruppe Gerecht Wirtschaften deponiert hat.
Für mich ist es nicht bloß ein Missstand sondern eine absolute Perversion, dass Menschen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Dasein abgesprochen wird. Jeder psychisch und physisch gesunde Mensch ist von Geburt an neu-gierig auf diese Welt, er ist vom ersten Lebensmoment an aktiv und in Beschäftigung. Wenn für ihn dann gut gesorgt wird, wird dieser Mensch weiterhin neugierig bleiben und Beschäftigung suchen, er wird sich entwickeln und reifen, auch im ganz persönlichen Sinn, also zu dem werden, der er sein soll. In diesem Idealfall wird er als weise Frau oder weiser Mann auch an seinem Lebensabend beschäftigt sein und entsprechende Anerkennung bekommen.
Nun ergeben sich auf diesem Entwickluingsweg zahlreiche Hindernisse. Eines davon möchte ich herausgreifen. Es ist jenes der von Menschen (und nicht Gott!) gemachten Vorgabe, wie Wirtschaft funktioniert: Nur wer arbeitet (eine entsprechende Zeit gearbeitet hat), hat Zugang zu Einkommen. Wer, aus welchen Gründen auch immer, nicht arbeiten kann oder darf, hat in unseren Breiten zumindest die Möglichkeit, mehr oder weniger finanziell abgesichert zu werden. Die, die aufgrund ihrer körperlichen und seelischen Verfasstheit keiner Beschäftigung nachgehen können, müssen und können von einer Gemeinschaft wie unserer Gesellschaft ausreichend unterstützt werden, um so würdig wie möglich existzieren zu dürfen. Die, die ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen (wollen), weil sie ihrer unwürdig ist, müssen eine Möglichkeit erhalten, ihre Existenz auf würdige Füße zu stellen. Und da hakt es ganz gewaltig.
Meiner Ansicht nach ist es wichtig, dass Menschen der ihnen entsprechenden Beschäftigung nachgehen können. Erich Fromm hat diesen Gedanken schon 1966 in seinem Essay "Psychologische Aspekte zur Frage eines garantierten Einkommens für alle", der mich sehr anspricht, veröffentlicht. Ein solches garantiertes Einkomen befreit den Menschen von der Fron einer Einkommen bringenden Arbeit, die ihnen nicht entspricht - und sie im schlimmsten Fall krank und arbeitsunfähig macht. Angelika Aliti, eine Lebensbegleiterin für alle in seelischer Not, formuliert eine Lösung der Burn-Out-Problematik, die heute so aktuell ist, mit etwa diesen Worten: es gehe nicht darum , weniger oder nicht(s) mehr zu arbeiten, sondern das richtige. Viktor Frankl würde vom Sinn sprechen, der menschlichem Tun innewohnen muss, um ihn gesund zu erhalten. Bei vielen Tätigkeiten einer Erwerbsarbeit ist das heute nicht mehr gegeben. Dennoch arbeiten viele Menschen jede Menge: als Mütter und Väter in den Familien, als HelferInnen in der Nachbarschaft, als begeisterte Ehrenamtliche in tausenden Vereinen, und so weiter und so fort. An Beschäftigung und an Beschäftigungswillen mangelt es den Menschen nicht. Aber an einem Einkommen, bei dem sie ihr Leben menschenwürdig leben können.
Es gäbe noch viel zu sagen zum Thema bedingungsloses, existenzsicherndes Grundeinkommen. Und ich werde das hier in meinem Blog noch viele, viele Male tun. Für heute möchte ich mit noch einem "fragenden Gedanken" abschließen: Wieviel Kontrolle und Kontrollore ersparte sich eine Gemeinschaft, ein Staat, wenn sie dem Menschen das Recht auf menschenwürdige Beschäftigung und ein daraus resultierendes menschenwürdiges Einkommen garantieren würde?