"Die Verbotsgegner liegen falsch, weil Sucht und Eigenverantwortung ein Widerspruch sind, das Suchtpotenzial von Automaten unter allen Glücksspielangeboten aber am höchsten ist. Das führt zu individuellen und auch gesellschaftlichen Dramen." (Clemens Neuhold, Wr. Zeitung, 3.1.15)
Wieder einmal wurde ein neues Verbot erfunden, um Menschen vor sich selbst zu schützen. Mit dem Verbot des "kleinen Glücksspiels" sollen individuelle, familiäre und gesellschaftliche Dramen verringert oder sogar vermieden werden. So weit so gut - gut gemeint halt, noch nicht gut gemacht.
Wie bei allen Verboten, insbesondere jenen, bei denen es um Sucht geht, stellt sich für mich die Frage nach deren Wurzeln, den individuellen und den gesellschaftlichen. Die beiden gehen Hand in Hand, sind oft schwer voneinander zu trennen, werden aber gerade deswegen gerne gegeneinander ausgespielt. "Ist deine eigene Schuld", heißt es dann oder vice versa "Da kann man halt nix machen, ist die Gesellschaft schuld!" Wer diesen Weg beschreitet ist am Holzweg. Ebenso jene/r, der die Henne/Ei-Problematik ins Spiel bringt; auch hier lässt sich an beiden Enden ansetzen - bei den Einzelnen und der Gesellschaft. Also sollten wir das auch tun, wenn möglich im Gleichschritt.
In aller Kürze gesagt, basiert jede Sucht auf einer Suche nach dem Lebenssinn. In der Sucht selbst wird der Sinn nicht offenbar, aber das dahinterliegende Bedürfnis nach eben diesem Sinn.
Suchtverhalten lässt sich - so die einschlägigen Experten - vorbeugen. Suchtprävention war in den Achtziger- und Neunzigerjahren der Renner der Pädagogik, mittlerweile ist er abgelöst von Gewalt- bzw. Konfliktprävention. Aber auch hier ließen sich die Gemeinsamkeiten betonen anstatt durch die Unterscheidung eines durch das andere zu verdrängen.
Nun, Suchtverhalten lässt sich also vorbeugen. Die beste Prävention ist eine starke und authentische Persönlichkeit, die um sich selbst und den eigenen Sinn weiß., die sich ihrer Sache in diesem Leben gewiss ist, Resilienz entwickelt hat und weiß, dass das einzige was fix ist, die Tatsache ist, dass nix fix ist!
Starke und authentische Persönlichkeiten können am besten in einem wertschätzenden Umfeld gedeihen, das sich auf BegLeitung und nicht auf Anleitung versteht. Damit hätten wir schon eine wundervolle (ich meine das wortwörtlich) Aufgabe der Pädagogik, nämlich jener von Eltern und von sonstigen LebensbegleiterInnen von Heranwachsenden. Dies wiederum setzt starke und authentische Erwachsene (also Eltern und PädagogInnen) voraus. Demnach muss es jenen, die sich um Kinder kümmern, wesentlich sein, an sich selbst zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln. Davon aber sind wir in unserer Gesellschaft noch sehr weit entfernt, jene die es tun, werden nicht nur eher belächelt sondern durchaus auch daran gehindert. Diese Selbstreflexion ist zeit- und kostenintensiv und wird kaum unterstützt. Die Zuschüsse der Krankenkassen zur Psychotherapie sind sehr gering, eine bezahlte Auszeit lässt sich nicht so leicht nehmen und Supervision oder Selbsterfahrung etwa ist finanziell jedes Menschen Privatvergnügen. Auch die Schule setzt weiterhin auf Drill und Ver-Kollektivierung, denn auf Individuation und Selbst-Findung.
Diese Ansätze wären aber von Erfolg gekrönt, jedoch würden sie auch eine völlig veränderte Gesellschaft hervorbringen, die eigenverantwortlich und selbstbestimmt, aber auch sozialer wäre. Das wird den Mächtigen nicht ins Konzept passen, denn dann verlören sie ja ihre Macht. Und so werde ich die Vermutung nicht los, dass da ein Verbot natürlich einfacher umzusetzen ist als eine so große gesellschaftliche Veränderung wie die angesprochene. Und das gilt wohl für alle Beteiligten, denn wer noch nicht in der Lage ist, eigenverantwortet zu leben, braucht Vorschriften, Regeln und eben auch Verbote..
Nehme sich also bitte jede/r Einzelne an der Nase und beginne bei sich selbst. Das ist gar nicht so schwer, wenn man es mal ausprobiert hat. Es ist aber höchst effektiv und führt zu allem, was man ersehnt: Lebenssinn und Lebensglück. Ich kann davon sprechen, weil ich es so immer wieder erleben darf. Glauben Sie's mir: Es ist die harte Arbeit mehr als wert!