Auch die ÖH hat sich offenbar mit Bologna abgefunden, da sie zwar versucht, die Studieneingangsphase zu kippen, nicht aber das ganze unsäglich Projekt.
Die ProfessorInnen muss ich noch erwähnen, die sich in durchaus beachtlicher Zahl in ihren Lehrveranstaltungen coram publico gegen die Verschulung der Studien aussprechen, dann aber dennoch wacker mitmachen, wenn so Lehrveranstaltungstypen wie VÜs (Vorlesung-Übung mit 100% Anwesenheitsverpflichtung und 3 Teilprüfungen pro Semester für 200 und mehr Studierende pro LV) die Sinnhaftigkeit vom Lernen an der Uni mehr als in Frage stellen. Als Wissensakkumulation wird das Sammeln von ECTS auf akademischer Ebene gerne bezeichnet. Die Prüfungen bedeuten dann naturgemäß immer öfter das Kotzen von kumuliertem Fachwissen, das damit dann ein für alle mal verloren ist. Diskurs und Gespräch, als wirkliches Lernen, sind in diesen Settings nicht mehr möglich. In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? Und was wäre, wenn sich plötzlich alle Betroffenen zusammentäten?
Bei dieser Chuzpe hört sich der Spaß für mich auf. Was einst von Humboldt als "universitas litterarum" (Gesamtheit der Wissenschaft) bezeichnet wurde, ist zu einer Zusammenballung von einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen verkommen, die nicht miteinander sondern oft gegeneinander arbeiten. Der "Stein der Weisen" wurde schon lange ins esoterische Eck verbannt, eine ganzheitliche, auch auf die Person bezogene Bildung, zwar oft verbal beansprucht aber nie real in die Tat umgesetzt.
Dieses Verkommen der Unis bedeutet auch, dass sie trotz ihres hohen Alters von Weisheit weit entfernt sind. Vielmehr geben sie sich zunehmend mit dem an sie gestellten Anspruch eine nach der Schule weiterführende AUSBILDUNGS-Einrichtung zu sein, zufrieden. Die hohe Akademiker-Arbeitslosigkeit aber spricht Bände gegen diesen kolportierten Mythos. Brauchen wir noch mehr FachidiotInnen oder nicht eher mehr Universal-Genies, die sich um die ganze Welt Gedanken machen?
Ersteres ist für die mächtigen GeldgeberInnern die bequemere Variante, weil sich jene nicht auch noch um die Probleme kümmern, die sie nichts angehen, etwa Politik und Demokratie und Sinn des Lebens und menschenwürdiges Dasein. Letzteres aber könnte auch denen zu gute kommen, die jetzt so unehrenhaft agieren. Denn nur mit neuen Sichtweisen, ganzheitlich gebildeten und persönlich gereiften Menschen lassen sich die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft wirklich bestehen. Mit solchen Persönlichkeiten ist in Systemen - wie den von uns bislang geschaffenen - nicht gut Kirschen essen. Aber auch diese Systeme haben ein Ablaufdatum wie sich anhand der aktuellen Krise der EU gerade zeigt. Da spielt die BWL (Betriebswirtschaftslehre) grade fröhlich die VWL (Volkswirtschaftslehre) aus - auf unser aller Kosten.
Bisher haben wir nach jeder Katastrophe nie die Katharsis abgewartet sondern möglichst schnell mit dem Wiederaufbau im gleichen Schema wie vorher angefangen - und mit den gleichen Problemen und dem gleichen Ausgang.
Eine echte Uni würde ihre Studierenden in ihrer Jahrhunderte alten Weisheit modern und zeitgemäß auf eben diese Aufgaben zur "Verbesserung der Welt" vorbereiten. Einer Uni aber, die nur alt geworden ist in dieser kindlichen Gesellschaft, in der keiner mehr Verantwortung übernehmen will, fehlt jegliche Existenzberechtigung.