Diesen notwendigen Level haben die LehrerInnen im Jahr 2006 genützt und ihren Brandbrief an den Berliner Bildungssenator verfasst. Seit dem ist kein Stein mehr auf dem anderen geblieben und aus der Rütli-Schule wurde ein Vorzeigemodell von Schule, das über die Grenzen hinaus wirkt.
Armin Wolf hatte in der gestrigen ZIB 2 die Leiterin des Campus Cordula Heckmann zu Gast. Und sie gab mit ihren Ausführungen einen tiefgreifenden Einblick wie Schule vor dem Hintergrund eines hohen Zuwandereranteils und verschiedener Kulturen besten funktionieren kann:
- Gib den SchülerInnen Bildungs-Perspektiven: an der Rütli-Schule können SchülerInnen jetzt bis zur Matura lernen!
- Unterrichte SchülerInnen und nicht Klassen: da nicht alle dasselben Lernangebot brauchen, wird auf die indivuellen Lernbedürfnisse der SchülerInnen eingegangen und (WICHTIG!) mit ihnen regelmäßig der Lernprozess mit Hilfe eines Logbuchs reflektiert.
- Fördere die Familiensprache der SchülerInnen, dann werden sie besser Deutsch lernen: Nicht neu, da von den führenden Köpfen an den Instituten für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) an den Unis in Österreich und Deutschland schon lange gefordert, aber noch nicht sinnvoll umgesetzt. Neben dem qualifizierten Erstspracherwerb werden zusätzliche Förderstunden für Deutsch angeboten.
- Nimm die Eltern ernst und unterstütze sie: Im Rahmen von verpflichtenden Entwicklungsgesprächen, die zwei Mal im Jahr stattfinden, werden Eltern über die Lernfortschrotte ihrer Kinder informiert. Zusätzlich gibt es regelmßige Eltern-Cafes mit Experten, in denen alle relevanten Themen (Erziehungsfragen, kulturelle Verschiedenheiten, administrative Unterstützung, etc.) besprochen werden.
- Setz das Geld an der richtigen Stelle ein, dann brauchst du nicht mehr davon: Laut Cordula Heckmann ist dieses öffentliche Schulmodell nach einer erhöhten Erstinvestition im laufenden Betrieb nicht mehr teurer als andere vergleichbare Schulen.
Angst also hat den Berlinern Beine gemacht. Nun sollte Schule keinesfalls Angst machen, aber jene, denen Schule am Herzen liegt, sollten endlich ihre Angst nützen, um genau das zu tun, was die LehrerInnen der Rütli-Schule vor fast 10 Jahren in Angriff genommen haben: ihre Sorgen und Ängst konstruktiv einsetzen, um ein Problem zu lösen, das unlösbar schien.