"Lehrer unterrichten nur jeden 2. Tag"
Wie der Experte die Schule besser machen will - und warum Gratis-Nachhilfe absurd ist
http://kurier.at/politik/inland/andreas-salcher-lehrer-unterrichten-nur-jeden-2-tag/72.326.533
Wer aber ist Experte seines Faches?
Rein wissenschaftlich betrachtet ist das jemand, der ein einschlägiges Fachstudium absolviert hat, und nachdem er die Theorien und Ansichten in einer abschließenden schriftlichen Arbeit erfolgreich nachgebetet hat, nun legitimiert ist, seine eigene Meinung zu haben und diese auch zu veröffentlichen.
Nun, Wissenchaft ist nicht alles. Mir drängt sich hier das Bild des Künstlers auf. Ist dieser auch nur dann legitimiert, Kunst zu machen, wenn er eine entsprechende Hochschule erfolgreich abgeschlossen hat? Die Welt wäre ärmer, wenn all die anderen, die uns mit großartigen Werken aus der bildenden, schreibenden oder darstellenden Kunst erfreut haben, von vorneherein ausgeschieden wären.
Mit den Experten halte zumindest ich es genauso. Jede/r kann zur Expertin/zum Experten werden, wenn er/sie in der Lage ist, sich ins Thema einzuarbeiten, praktische Erfahrungen zu sammeln und sich eine reflektierte, eigene Meinung zu bilden.
Also: Andreas Salcher ist für mich ein Experte der Themen, mit denen er sich im Laufe seines Lebens auseinandergesetzt hat. Schule ist eines davon. Als Schüleranwalt des KURIER hat er jahrelang Erfahrung gesammelt, wie Schule funktioniert und was Beteiligte zu leiden haben - alle! Er betreibt nämlich kein LehrerInnen-Bashing, wie ihm viele unterstellen, er kritisiert das Sytsem, in dem alle Betieligten so funktionieren müssen, wie es eben ist. Er will aufwecken, dort wo wir schlafen. Er will ermutigem, dort wo wir uns nichts mehr zu sagen trauen, er will Veränderungen unterstützen, dort wo Menschen etwas selbst in die Hand nehmen (siehe sein Statement zu meiner Initiative "schule-gruenden.at).
Als Supervisor weiß ich um die Bedeutung und Energie einer Außensicht. Salchers Außensicht des Schulsystems hat den nötigen Abstand, um das, was Insider nicht ansprechen wollen, aufzuzeigen. Sie deckt sich mit meinen Wahrnehmungen, die ich auf dreierlei Weise mach(t)e: 13 Jahre als Lehrer im Pflichtschulbereich (1997-2010), seit 10 Jahren als Supervisor und Trainer für PädagogInnen und als Vater zweier mittlerweile erwachsener Kinder sowie derzeit mit zwei Bonussöhnen.
Damit jetzt nicht der Eindruck einer "Salcher-Hörigkeit" aufkommt: seine Lösungsansätze sehe ich durchaus differenziert, manches teile ich absolut nicht.
Was ich aber an Andreas Salcher schätze und wofür ich ihm dankbar bin, ist seine Fähigkeit, ein Thema am Köcheln zu halten, das dringend nach einer Lösung schreit. Und im Fall der Schule in Österreich ist das evident.
Meine inhaltliche Stellungnahme zu seinem Interview und meine Sichtweise zu den von ihm angesprochenen Themen folgt demnächst hier!